Passion 2020 – Infotage in Oberammergau

Wer je bei einer Vorstellung dabei gewesen ist, wird sich sehr lange daran erinnern. Nirgendwo anders auf der Welt werden Tradition, Glaube, Leidenschaft, Faszination und Spektakel so eindrucksvoll miteinander vereint wie bei der Passion in Oberammergau. 2020 ist es wieder so weit. Vom 16. Mai – 04.Oktober 2020 erwartet das kleine Dorf am Rande der Ammergauer Alpen mehr als 500.000 Besucher aus der gesamten Welt.

Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus dem Verband der Studienreiseleiter e.V. haben bereits konkrete Aufträge im Zusammenhang mit den Festspielen im kommenden Jahr. Und so folgten wir vom 19.–22. 11. 2019 gerne der Einladung zu Infotagen in den beschaulichen Ort im Ammertal. Im Vordergrund stehen sollte zur Vorbereitung auf 2020 das Kennenlernen der Örtlichkeiten, Logistik und Gespräche mit den handelnden Akteuren.

Nachdem alle 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in dem Traditionshotel „ Zur Alten Post“ freundlich aufgenommen und untergebracht waren, trafen wir uns am frühen Nachmittag des 19. 11. mit Frau Helga Stuckenberger, einer Vertreterin von Oberammergau Kultur. Sie war bereits als Martha und Maria Magdalena bei vorherigen Festspielen in Hauptrollen zu sehen und wird 2020 eine der „weinenden Frauen“ spielen. Ihre Führung durch den Ort setzte sich aus 2 Bausteinen zusammen.

Im ersten Teil erfuhren wir vieles über die Geschichte des Ortes, speziell die  Bedeutung der Schnitzkunst, seit dem 15. Jh. für Oberammergau belegt. Die Schnitzereien wurden von so genannten Verlegern aufgekauft und in ganz Europa verbreitet. Die „Verlegerhäuser“ fallen durch ihre „Lüftl-Malerei“ auf.

An der Peter-und-Paul-Kirche erklärte uns Frau Stuckenberger eindrucksvoll die Geschichte der Passionsspiele. 

Die Passion wurde aufgrund eines Gelübdes 1634 zum ersten Mal  vor der Kirche aufgeführt. Seit 1680 findet sie alle 10 Jahre statt. Es sind somit die ältesten kontinuierlich aufgeführten Passionsspiele weltweit. Ferner sahen wir das „Judas-Haus“, das kleine Theater und das „Pilatus-Haus“.

Im zweiten Teil führte uns Frau Stuckenberger durch die heutige Aufführungsstätte.
Das Passionstheater in Oberammergau ist mit rund 4.500 Sitzplätzen die größte Freilichtbühne mit überdachtem Zuschauerraum weltweit. Bei dem Rundgang durch das Festspielhaus bewunderten wir die Bühne und den gewaltigen Zuschauerraum. Frau Stuckenberger zeigte uns die Werkstätten, wo wir die Kostüme der Spiele 2000 und 2010 eingehend betrachten konnten. Rund 1.500 neue Kostüme werden zu den Spielen 2020 benötigt. 

Dabei erfuhren wir, welche Bedingungen Voraussetzung sind, um an der Aufführung mitzuwirken. Man muss entweder in Oberammergau geboren und aufgewachsen sein, oder mindestens seit 20 Jahren im Ort leben. Ca. 3000 der insgesamt 5200 Einwohner sind demnach berechtigt, bei den Passionsspielen aktiv teilzunehmen. Seit dem Jahr 2000 ist es keine Bedingung mehr, einer christlichen Konfession anzugehören. Ebenso spielt heute die Nationalität keine Rolle mehr. 

Insgesamt 2.400 Personen wirken 2020 mit. Die 21 Hauptrollen sind doppelt besetzt, d.h. es wird tageweise gewechselt. Beginn ist jeweils 14.30h; um 17.00h gibt es eine dreistündige Pause, während der die Besucher essen gehen können.  Alle Gaststätten  am Ort sind darauf eingestellt. Gegen 20.00h beginnt dann der zweite Teil, der bis 22.30h dauert.  

Am Abend trafen wir uns in der Gaststätte „Alte Post“ mit Anton Preißinger jun., der im nächsten Jahr als Jünger Johannes zu sehen sein wird, und mit Franziska Zankl, der Pressesprecherin der Passion 2020, zu einem „Round-table-Gespräch“.

Von Herrn Preißinger erfuhren wir Interessantes über seine Familie, deren Mitglieder seit mehreren Generationen in verschiedenen Rollen immer wieder auf der Bühne zu sehen sind. Für ihn selbst wird es diesmal seine erste größere Rolle sein. Bereits Ende September fand eine Info-Reise für alle Hauptdarsteller nach Israel statt, um die Originalschauplätze kennenzulernen

Die Proben für alle beginnen Anfang Dezember und dauern bis Mitte Mai, da am 16. 05. die Premiere sein wird. Alle männlichen Darsteller dürfen sich seit Aschermittwoch diesen Jahres nicht mehr rasieren und keinen Friseur aufsuchen! Lediglich die römischen Soldaten dürfen rasiert und mit Kurzhaarfrisur auftreten. 

Frau Zankl erklärte uns ferner, dass sämtliche Buchungen über das Organisationsbüro Passion 2020 laufen – sowohl für die Eintrittskarten, als auch für die Hotel- und Gaststättenreservierungen. Für Reiseveranstalter gibt es bestimmte Pakete, die ebenfalls nur über dieses Büro buchbar sind.

Neu ist, dass es 2020 für jeden zweiten Samstag einen Verkauf von Einzelkarten für Individualreisende geben wird. Ob auch Reiseleiter Tickets für die Aufführungen bekommen, hängt vom Reiseveranstalter ab. Allen Gruppenreisenden wird ein Textbuch auf deutsch und englisch ausgehändigt. 

Die gesamte Organisation liegt in Händen der Gemeinde Oberammergau, die sämtliche Einnahmen generiert und danach in der Kommune verteilt. Die Darsteller erhalten eine Aufwandsentschädigung, von der sich die Hauptdarsteller , laut Frau Stuckenberger, „eine schöne Reise gönnen können“.

Am zweiten Tag besuchten wir vormittags Kloster Ettal. Pater Rupert führte uns durch die Hauptkirche der beeindruckenden Benediktinerabtei. Zum Abschluss zeigte er uns voller Stolz  die herrliche Sakristei aus dem frühen 18. Jh. 

Anschließend fuhren wir durch den Pfaffenwinkel zur Wieskirche, um uns über die dortige Logistik (Zufahrt, Busparkplatz usw.) zu informieren. Bei einer kurzen Besichtigung konnten wir uns von der einzigartigen, von spielerischer Leichtigkeit und Eleganz geprägten Raumwirkung der Wallfahrtskirche überzeugen.

Danach fuhren wir weiter nach Neuschwanstein, wo wir uns über den Ablauf der Besichtigung informierten und die Mittagspause einlegten. Für den aufwändigen Besuch des Märchenschlosses sollte der Reiseleiter mindestens drei Stunden kalkulieren. Wichtig ist das pünktliche Erscheinen der Gäste beim Einlass zum Schloss!

Danach fuhr die Gruppe direkt nach Oberammergau zurück, da sie um 16.00h einer der beiden Jesusdarsteller erwartete. Frederik Mayet hatte bereits 2010 die Jesus-Rolle verkörpert. Er betonte, dass diese Rolle für ihn als Hauptdarsteller eine große Herausforderung sei. 

An Tag 3 fuhr die Gruppe nach Salzburg, wo sie um 11.00 Uhr die Stadtführerin Helga Leitinger traf. Die ca. zweistündige Stadtführung endete in der Innenstadt, so daß noch etwas Zeit für eigene Erkundungen bzgl. der Logistik blieb. Am späten Nachmittag traf die Gruppe wieder in Oberammergau ein. Die Infotage von Oberammergau wurden in einem gemütlichen bayerischen Wirtshaus gemeinsam beendet.

Peter Weinert

Info:Weitere Bilder und Impressionen findet Ihr demnächst auch im internen Bereich der Website.